Die Automation Engine V12 wurde gerade von Automic veröffentlicht und vorgestellt, und ich habe sie sofort installiert, um einen Blick darauf zu werfen. In diesem Artikel stelle ich Ihnen die wichtigsten Neuerungen kurz vor. Zu einigen ausgewählten Themen werde ich in den nächsten Wochen noch detailliertere Artikel veröffentlichen.
Heute gibt es einen Gesamtüberblick, mit Fokus auf der wichtigen Frage: Sollten Sie bald auf V12 upgraden?
Einfache Installation mit dem One Installer
Den One Installer kennen Sie vielleicht schon, wenn Sie die V11.2 benutzt haben. Man kann damit in kurzer Zeit eine Demo-Umgebung installieren. Der Installer ist perfekt für einen Test der Software. Sogar das neue V12 Analytics und ein Tomcat mit AWI wird sofort eingerichtet.
Für die Installation auf einem echten System eignet er sich natürlich trotzdem nicht. Er beherrscht nur Single-Box-Installationen, verwendet Default-Ports, installiert einen lokalen Tomcat und verwendet schwache Standardpasswörter, die in Konfigurationsdateien im Klartext einsehbar sind.
Mein Fazit: Der One Installer ist nicht dazu geeignet, ein voll funktionsfähiges Automic System einzurichten – dafür ist er aber auch nicht vorgesehen. Für meinen Test der Software war er absolut ausreichend und ich hatte damit in kurzer Zeit eine lauffähige Umgebung eingerichtet.
Bedienung nur noch über AWI
Die erste Neuerung fällt sofort ins Auge: Das Java UserInterface steht standardmäßig nicht mehr zur Verfügung. Es ist sogar überhaupt nicht im Package enthalten sondern muss separat runtergeladen werden. Stattdessen nutzt die V12 das AWI (Automic Web Interface, vormals ECC) als Benutzerschnittstelle.
Bis zur V11.2 haben alle Automic User hauptsächlich mit dem Java UI gearbeitet und sind für manche Aktivitäten (z.B Service Catalog oder Dashboards) auf das AWI ausgewichen. Kann jetzt endlich alles im AWI erledigt werden?
Die Antwort darauf lautet leider: Nein. Einige Funktionen stehen nur im Java UI zur Verfügung. Zum Beispiel die Ansicht von generierten Tasks aus dem Aktivitätenfenster.
Ärgerlich ist aber vor allem, dass nicht alle Job Typen unterstützt werden. SAP Jobs können zum Beispiel nicht über das AWI bearbeitet werden. Das Gleiche gilt für einige RA-Jobtypen. Wer viel mit solchen Jobs zu tun hat, wird weiterhin mit dem alten UI arbeiten müssen.
Automic hat bisher noch keine Liste mit allen fehlenden Funktionen veröffentlicht, arbeitet aber an einer.
Mein Fazit: Das AWI ist im Prinzip gut, nur schade, dass man für einige Tasks weiterhin auf das UserInterface angewiesen ist. Wer viel mit SAP-Jobs zu tun hat, wird das AWI auch in Zukunft nur zur Unterstützung nutzen können. Alles in allem ist das AWI aber gut und die fehlenden Funktionen sind absolut kein Grund, auf ein Upgrade zu verzichten.
Update von 6.10.2016: Gute Nachrichten: Automic hat mich informiert, dass der fehlende Form Tab für SAP-Jobs in Arbeit ist und bald nachgeliefert wird – nicht erst beim nächsten großen ServicePack, sondern schon davor!
Änderungen an der Datenbank
Wer mich kennt, weiß: Die Datenbank ist mir besonders wichtig. Bei neuen Releases sehe ich mir die Änderungen daran besonders genau an.
Allerdings haben bei der V12 nur marginale Änderungen stattgefunden. In V11.2 gab es insgesamt 57 Änderungen an der Datenbank, zu den meisten davon kam es, weil die MQ-Tabellen durch die Einführung des Zero Downtime Upgrade Features ersetzt wurden.
Dem gegenüber stehen bei V12 nur 12 Änderungen. Das verwundert aber nicht, denn die zwei größten Neuerungen in der neuen V12 sind keine Änderungen am Core: das AWI und die Automic Analytics.
Die meisten Änderungen an der Datenbank gehören zu einer der folgenden zwei Gruppen:
- Für den Objekttyp SLO (Service Level Objective, stelle ich weiter unten vor) wurden drei neue Tabellen eingeführt.
- Durch das Centralized Agent Upgrade (auch das stelle ich später noch vor) kam es zu Änderungen an bestehenden Tabellen
Daneben gibt es noch eine signifikante Änderung am DB Schema. Im Aktivitätenbereich der Datenbank wurden alle Foreign Keys entfernt. Damit muss die Datenbank bei INSERT, UPDATE und DELETE keine Constraints mehr überprüfen – wodurch man sich eine deutliche Steigerung der Performance erhofft. Falls Sie nicht auf Foreign Keys verzichten wollen, gibt es im Ordner Utility/DB das Script create_fk_for_E.sql. Damit können Sie die Foreign Keys manuell anlegen. Automic arbeitet für die Entwicklung natürlich MIT Foreign Keys, um ungültige Referenzen durch geänderten Programmcode zu vermeiden.
Mein Fazit: Im Vergleich mit den letzten vier Upgrades hat sich nicht viel an der Datenbank getan. Das hat natürlich einen großen Vorteil: Das Upgrade von V11.2 auf V12 wird in den meisten Fällen vermutlich ohne große Schwierigkeiten funktionieren.
Überraschende Neuerung: Das Service Level Management (SLM)
Diese Neuerung wurde nicht groß angekündigt und hat mich ein wenig überrascht. Das Service Level Management wurde inklusive des dazugehörenden Objekttyps Service Level Objective (SLO) eingeführt.
Mit dem Objekttyp können ausführbare Objekte als Services definiert und gruppiert werden. Dadurch kann man sie mit dem Service Level Management überwachen. Diese Neuerung ist extrem nützlich. Damit können Sie zum Beispiel alle Objekte auf einer QUEUE überwachen und eine Benachrichtigung auslösen, wenn ein Objekt fehlschlägt oder die maximale Laufzeit überschritten wurde.
Falls Ihnen das bekannt vorkommt, haben Sie wahrscheinlich den Automic Service Orchestrator benutzt, ein Automic Add-On mit ähnlicher Funktionalität. Langfristig soll das Add-On wohl abgelöst werden.
Mein Fazit: Ich habe mich über diese kleine Überraschung gefreut. Eine sehr hilfreiche Erweiterung.
Noch einfachere Upgrades: Centralized Agent Upgrade
In V11.2 wurde das Feature Zero Downtime Upgrade eingeführt und jetzt folgt die konsequente Weiterführung davon: Agents können vom AWI aus zentral upgegradet werden. Das geht zwar nicht mit Zero Downtime, denn jeder Agent muss für das Upgrade neu gestartet werden, aber dafür klappt alles zentral und sogar automatisierbar.
Diese neue Funktion steht für Windows und einige Unix Agents zur Vefügung. Um Agent Upgrades durchzuführen, müssen User über das Privileg Execute System Upgrades verfügen. Dann können Sie das Upgrade direkt aus der Agentenliste in der Ansicht „Administration“ im AWI starten.
Die Agents werden zukünftig über den Marketplace als Pakete bereitgestellt. Die Installationsdateien werden in STORE-Objekten gespeichert und bei der Installation des Pakets in der AE Datenbank abgelegt.
Upgrades können übrigens auch wieder rückgängig gemacht werden: Dafür führen Sie einfach ein „Upgrade“ auf die ältere Version durch.
Mein Fazit: Eine sehr nützliche Neuerung, denn Agents upzugraden empfand ich immer als den anstrengendsten Teil eines System Upgrades. Die Umsetzung ist absolut benutzerfreundlich und genau dort, wo man sie erwartet: in der Systemübersicht.
Update von 6.10.2016: Es gab einige Verwirrung, ob denn das “Centralized Agent Upgrade” nun “Zero-Downtime” ist, oder nicht – denn ich schreibe in diesem Blogpost, es geht nicht mit “Zero Downtime”, und Automic sagt, es ist ein “Zero Downtime Upgrade für Agents”.
Wer hat also nun recht?
Die Antwort ist: beide!Technisch gesehen wird der Agent mit der alten Version gestoppt und danach mit der neuen Version gestartet – dazwischen ist der Agent für (sehr kurze) Zeit “down”.
In der Produktdokumentation von Automic steht dazu “There is a switch between agent versions at one point of the CAU, therefore a ‘zero downtime’ is not possible.”
(Link zur entsprechnden Dokumentation: http://bit.ly/2dv5Mb8)Was aber die Automation Engine schon immer konnte und auch weiterhin kann: Sie garantiert, dass die Tasks und Prozesse, die diesen Agent benötigen, davon nicht betroffen sind. Sobald der Agent wieder läuft, setzt die Kommunikation zwischen Engine und Agent wieder dort auf, wo sie zuvor aufgehört hat.
D.h. aus Prozesssicht – und somit aus Business-Sicht – sind Agent-Upgrades auch weiterhin “Zero Downtime”, weil sie von den betroffenen Prozessen nicht gesondert berücksichtigt werden müssen.Von Automic gibt’s zum Centralized Agent Upgrade auch ein kurzes Demo-Video, in dem 7 Windows Agents innerhalb von 2 Sekunden per Mausklick upgegradet werden – echt cool!
Link zum Video auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=HCI5RgIGFBQ
Workflow Completion Acceleration
Durch diese kleine Änderung sollen Workflows schneller abgeschlossen werden. Es ist eine kleine Neuerung, aber trotzdem erwähnenswert.
Bisher hat es in Automic so funktioniert: Wenn mehrere Instanzen eines Workflows gleichzeitig gestartet wurden, liefen sie gleichzeitig durch und wurden auch ungefähr gleichzeitig abgeschlossen.
Wenn Sie in der V12 die Workflow Completion Acceleration aktivieren, also die Einstellung WF_COMPLETION_ACCELERATION in UC_CLIENT_SETTINGS setzen, werden Tasks in Workflows bevorzugt, die schon weiter fortgeschritten sind. Dadurch erhalten Sie schneller einzelne abgeschlossene Instanzen des Workflows, anstatt dass alle ungefähr gleichzeitig fertig werden.
Mein Fazit: Nette kleine Neuerung. Besonders gefällt mir, dass man die Einstellung nach den eigenen Anforderungen aktivieren und deaktivieren kann. Lässt man die Funktion deaktiviert, so funktioniert alles wie bisher. Die Workflow Completion Acceleration steht also auch bei einem Upgrade nicht im Weg.
Das Highlight zum Schluss: Automic Analytics
Auf diese Neuerung waren alle gespannt und es ist definitiv mein Lieblingsfeature. Die Automic Analytics sind endlich da. Ich werde hier nur kurz die wichtigsten Eigenschaften ansprechen, da ich zu dem Thema einen eigenen Artikel veröffentlichen will.
Aus der Automation Engine Datenbank werden Daten in eine extra Datenbank kopiert und fürs Reporting aufbereitet. Darauf zugreifen kann man vom AWI aus. Auf den Dashboards stehen sechs verschiedene Analytics Widgets zur Verfügung, mit denen man anhand der Daten verschiedene Diagramme erstellen kann. Die Charts sind interaktiv und können ganz einfach per Email geteilt werden – als Link oder als Attachment.
Bisher decken die Analytics noch nicht sonderlich viele Use Cases ab und man wird noch nicht auf zusätzliche Analytics-Add-Ons verzichten können. Langfristig kann man damit aber wohl alle Reporting-Anforderungen abdecken. Einfach nutzbar und mit schönem Design. Auch für die Fehler-Analyse bekommt man dadurch noch ein nützliches Mittel zur Hand.
Mein Fazit: Ich bin total begeistert von den Automic Analytics. Die Funktionen sind super integriert, sehen gut aus und es wurde an viele nützliche Kleinigkeiten gedacht. Bisher ist es noch eine Art Minimum Viable Product, aber die Basis ist gelegt und in den nächsten Updates wird der Umfang sicher noch deutlich steigen.
Schlussfazit: Lohnt sich das Upgrade?
Zum Abschluss stehen wir vor der großen Frage: Soll ein Upgrade auf die neue Version durchgeführt werden oder nicht?
V12 bringt zwar viele Neuerungen, am Core selbst hat sich aber wenig geändert. Eine stabile Umgebung in V11.2 funktioniert wahrscheinlich auch nach einem Upgrade auf V12 stabil, solange man die neuen Features nicht einsetzt.
Die meisten Kunden sind derzeit noch auf V10 unterwegs. Viele davon fragen sich jetzt, ob sie auf V11.2 oder direkt auf V12 upgraden sollen.
Allgemein empfehle ich nicht, auf eine neue Version upzugraden, bevor der erste Service Pack erschienen ist. Ich denke zwar, V12 ist ein guter Kandidat für ein Upgrade, im ersten Quartal 2017 wird man aber erst genau sehen, ob das wirklich so ist.
Jetzt interessiert mich natürlich noch Ihre Meinung. Haben Sie sich V12 angeschaut? Denken Sie über ein Upgrade nach? Welche neuen Features gefallen Ihnen am besten? Lassen Sie es mich in den Kommentaren wissen.